Worte
Nachdem wir stunden-, tage-, wochenlang
Worte gewechselt haben, gibt es nichts mehr zu sagen. Wir haben uns leer
gesprochen. Keine Worte mehr da.
Schweigend sitzen wir nebeneinander. Weil
die Worte uns verlassen haben. Weil es keine Worte mehr gibt. Kein Wort, das
noch etwas ändern könnte. Kein Wort, um mich dir wieder näher zu bringen. Kein
Wort mehr. Kein Wort.
Die Worte, sie verlassen uns, so wie du
mich verlassen wirst. Wie du mich bereits verlassen hast. Vielleicht warst du
auch nie bei mir, wer weiß das schon. Du sicher nicht. Und die Worte wollen
nichts mehr wissen. Die Worte, die so lange bei uns waren. Die alles waren, was
wir hatten. Nur Worte. So wenig. Und doch soviel. Worte.
Worte voller Erstaunen. Worte voller Nähe.
Voller Erkenntnis. Worte durch Nähe. Nähe durch Worte. Worte, für dich, für
mich, für uns. Worte, nur um der Worte willen. Selbst in der Stille waren
Worte.
Die Worte schienen endlos verfügbar. Wann
immer wir Worte brauchten, waren sie da. Wenn ich ein Wort suchte, war es bei
dir. Wenn dir eines fehlte, gab ich es dir. Worte.
Wir hätten bis in alle Ewigkeit Worte
tauschen können. Worte teilen. Worte geben. Das wussten wir – auch ohne Worte.
Wir hörten die Worte, die der andere nicht
auszusprechen wagte. Irgendwann wagten sich die Worte heraus. Worte, die wir
teilten. Worte, die uns zusammenbrachten. Worte, die nur für uns bestimmt waren.
Worte, die den Rest der Welt ausschlossen. Worte. So viele Worte.
Inmitten all der Worte versteckte sich die
Liebe. Sehen wollten wir sie erst nicht. Doch war sie da. Inmitten all der
Worte war sie da. Wortlos.
Irgendwann wandten sich die Worte gegen
uns. Vielleicht wandten wir uns auch gegen die Worte. Sagten Worte, die besser
unausgesprochen geblieben wären. Worte, voller Schmerz. Worte, voller Angst.
Angst davor, die Worte zu verlieren. Angst davor, nicht alle Worte sagen zu
können. Angst davor, dich zu verlieren. Deine Worte zu verlieren. Also sagte
ich sie. Die Worte, die das Ende brachten. Das Ende unserer Worte. Worte, die
es vielleicht nur beschleunigten. Vielleicht gab es nie dies eine Wort, welches
unser Anfang war. Vielleicht gab es uns auch nur in der Welt der Worte. Nicht
in der Realität. Doch den Worten war das egal.
Ich wollte so viel sagen. Doch ich fand die
richtigen Worte nicht. Oder ich fand die richtigen Worte, doch genügten sie
nicht. Die Worte. Und irgendwann verloren sie jeglichen Sinn. Die Worte wurden
immer leerer. Worte ohne Bedeutung. Ohne Sinn. Worte ohne Worte.
Dann hatten wir keine Worte mehr. Alles
gesagt. Welches Wort soll noch fallen, wenn wir längst gefallen sind. Keine
Worte mehr. Kein Wort, das es besser macht. Kein Wort, das etwas ändert. Kein
Wort, das es noch schlechter machen könnte.
Schweigen.
Doch dann findest du sie, die Worte. Worte,
die alles besser machen könnten. Worte, die alles noch schlimmer machen.
„Ich liebe dich“. Nur Worte. Wahrhaftige
Worte. Und doch nur Worte. Sie sind wahr, die Worte. Doch ich weiß, es waren
die letzten Worte. Unsere letzten Worte. Deine letzten Worte an mich. Meine
letzten Worte an dich. „Ich liebe dich“.
Und dann sind auch sie weg. Die letzten
Worte. Worte, die nicht ändern konnten, was längst geschehen war. Was
vielleicht nie geschehen ist.
Denn letztlich genügen sie nicht, die
Worte.
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